17.08.2020

Bewegung auf dem Land

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In großen Städten und Ballungsräumen gibt es inzwischen zahlreiche neue Mobilitätsformen, die von Leihrollern bis zum Ridesharing reichen. Deutlich weniger ist darüber bekannt, wie viele solcher Angebote in Kleinstädten und auf dem Land existieren und auf welche Resonanz sie stoßen. Bei genauerem Hinsehen wird klar, dass hier erstaunlich viele Initiativen aktiv sind und die Kosten-Nutzen-Rechnung häufig eine andere ist.


Fast kein Tag vergeht ohne Nachrichten über neue Mobilitätsformen. Allerdings liegt der Fokus dabei fast immer auf Großstädten und Ballungszentren. Monatelang wurde beispielsweise über die Zulassung und Einführung von Elektro-Scootern berichtet. Alleine in Berlin werden tausende E-Scooter vermietet, hunderte Carsharingfahrzeuge angeboten und es sind verschiedene Fahrdienste aktiv.

 

Geringe Aufmerksamkeit

 

Über die Versuche, nachhaltige Mobilitätsalternativen in kleineren Städten und auf dem Land zu starten, liest man hingegen deutlich seltener. Und wenn berichtet wird, ist der Grundtenor bei Experten und Presse eher skeptisch, da es weniger potentielle Kunden und für viele Strecken keine Alternative zum privaten Pkw gebe.

 

Immer mehr Projekte

 

Tatsächlich ist die Zahl von Mobilitätsprojekten auf dem Land in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Dies liegt zum einen an Förderprogrammen, zum anderen am größer werdenden Interesse und der Notwendigkeit, die Mobilität auf dem Land zu verändern und klimafreundlicher zu machen. So steigt auch in kleinen Städten die Lebens- und Luftqualität, wenn weniger motorisierte Fahrzeuge unterwegs sind. Und auf dem Land können neue Mobilitätsstrukturen helfen, kleinere Kommunen und ältere Bevölkerungsgruppen besser anzubinden.

 

Schwerpunkte erkennbar

 

Aktuelle Mobilitätsprojekte in ländlichen Regionen lassen sich in mindestens drei Bereiche einteilen: Erstens Rufbusse und Ridsharingangebote wie das Ioki-Shuttle in Wittlich oder moobil+ in den Landkreisen Vechta und Cloppenburg. Um einen möglichst großen Kundenkreis zu erreichen und komfortabel nutzbar zu sei, ist ein Teil der Angebote bereits per Smartphone buchbar und in den lokalen ÖPNV eingebunden. Zweitens Carsharing-Angebote, die häufig über Vereine realisiert werden und nicht nur in Kleinstädten wie Lüchow und Hitzacker, sondern auch in dörflichen Gegenden etwa im Alten Land oder am Ammersee in Bayern zu finden sind. Ein dritter Bereich sind schließlich Lastenrad- und Pedelecverleihsysteme, etwa in Celle, Eberswalde oder im Rhein-Sieg-Kreis. Ergänzend hierzu werden im ländlichen Raum verstärkt Radwege gebaut, u.a. gefördert durch das baden-württembergische Programm für kommunale Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur oder das rheinland-pfälzische Entwicklungsprogramm EULLE.

 

Erfolg ist relativ

 

Der Erfolg der ländlichen Projekte ist schwer einzuschätzen. Sie werden genutzt und häufig positiv bewertet, auch wenn die Auslastungszahlen insbesondere bei Car- und Ridesharingangeboten höher sein könnten. Vor diesem Problem stehen aber auch Anbieter in den großen Städten, wie zuletzt der Rückzug des Fahrdienstes Clevershuttle nach millionenschweren Verlusten zeigt. Selbst tragen können sich auf dem Land nur die wenigsten Angebote, die Verluste sind aber häufig transparenter und fallen geringer aus als bei urbanen Großprojekten. Außerdem ist die Politik aufgrund des breiten Mehrwerts der Angebote eher bereit, Zuschüsse zu zahlen. In Großstädten wird hingegen nicht selten auf den gut ausgebauten und steuerlich geförderten Umweltverbund aus Bus, Bahn und Radverkehr verwiesen.


Förderprogramme


Schließlich gibt es verschiedene Förderprogramme, welche die Akteure vor Ort beim Aufbau von lokalen Mobilitätsangeboten unterstützen. Zu nennen ist hier etwa die seit 2008 bestehende "Kommunalrichtlinie" der Nationalen Klimaschutzinitiative oder das noch in der Planung befindliche Vorhaben "Verbesserung der Mobilität in ländlichen Räumen zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse (MogLeb)" des Bundesministerium des Inneren sowie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung.

 

Weiterführende Informationen

 

Ioki Shuttle Wittlich

moobil+ Vechta und Cloppenburg

Carsharing Wendland

Carsharing Ammersee

Baden-Württemberg: Förderprogramm kommunale Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur

Rheinland Pfalz: Entwicklungsprogramm EULLE

Kommunalrichtlinie der Nationalen Klimaschutzinitiative